Von Christine Possler am 15. März 2017 in Haltung

3 Schlüssel, wie wir Respekt "machen"!

Vorweg

Die Palette der Respektwünsche ist vielfarbig: Alter, Erfahrung, lange Arbeitsjahre, fachliche Ausbildung und hierarchische Stellung sind traditionell dabei, und nicht zuletzt die grundsätzliche Achtung des einzelnen Menschen mit seiner Persönlichkeit, seinem Einsatz, seiner Leistung, Meinung und Haltung! Zunehmend spielen gleiche Rechte, gleiche Chancen, Fairness, Aufmerksamkeit, Unterstützung u.ä. eine Rolle.

Ein Beispiel: Ein älterer Fußballtrainer fordert von seinen elfjährigen Jungs lautstark Respekt und Folgsamkeit und droht: „Schwätzer und Quertreiber fliegen raus!“ Ein Spieler schaut ihn nachdenklich an und meint auf dem Nachhauseweg zu seiner Mutter: „Der fordert Respekt von uns und schnauzt uns wahllos an, ohne dass er erklärt, was wir besser machen sollen. Und auf der Abschlussfeier trinkt er lieber sein Bier mit Euch, als sich zu uns zu setzen. Wieso sollte ich dem Respekt geben!“ 

Wow! - Da ist sie, die Kluft zwischen Respekt erwarten und Respekt spenden– und zwar alters- und generationenübergreifend. Der Trainer fordert Respekt aufgrund seiner Stellung und für den jungen Spieler sind Wertschätzung und Zuwendung Voraussetzung. Das ist im Arbeitsalltag nicht anders, generell fordern Mitarbeiter auch hier gleiche Augenhöhe, Wertschätzung und Akzeptanz als Kollege, Gastgeber und Teammitglied. Und manch einer will seine Lebensleistung anerkannt wissen. Das berührt und bereichert ihn.

Eine echte Herausforderung den lieben-langen Arbeitstag lang, wenn Zeitnot und Aufgabenfülle Hektik verbreiten! Und doch und gerade dann menschelt es immer wieder.

Also: Wie machen wir Respekt? Sicher braucht es eine entsprechende innere Haltung. Doch auch ganz handwerklich gibt es 3 Schlüssel:

Schlüssel 1: Anerkennungswünsche kennen

Wer weiß, worauf sein Gegenüber wert legt, kann ihn leichter und wirksamer in Facetten ansprechen, die diesen aufhorchen lassen und Fettnäpfchen umgehen. Deshalb lohnt es sich, individuelle Einstellungen zu kennen und sich zu überlegen:

  • "Was ist ihm wichtig?"
  • "Worüber freut er sich?"
  • "Was stört ihn?"
  • "Was mag er gar nicht?"

Antworten darauf bringen bilateral schon mal weiter. Wenn es um ganze Teams geht, hilft ein Blick in das Motivationsrad. Denn jeder Mensch ist durch sechs Antriebskräfte geprägt (= drei Paar gegensätzliche, die sich jeweils gegenüberliegen), und zwar unterschiedlich stark in den einzelnen Werten.

Dieses einfache Modell reicht für die Handübung hier aus, auch wenn manch einer auf viel differenziertere schwört. Zunächst geht es wirklich nur darum, Schwerpunkttreiber der Einzelnen zu erkennen - und das ein wenig differenziert in einer Teamlandschaft. Im nächsten Schritt kann diese Recherche dann in einer individuellen Würdigung der Kollegen münden.

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Wenn Teamkollegen jetzt voneinander wissen, was wen besonders antreibt, können sie aufeinander zugehen und miteinander so über Themen sprechen, dass es beide interessiert. Es gilt, das Verbindende zu suchen, nicht das Trennende - Stichwort: Empathie!

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In Teams hilft es also, sich die eigenen Prioritäten und die der Teamkollegen bewusst zu machen. So eine bunte Landkarte zeigt optisch, wer höchstwahrscheinlich auf was anspricht! Die kleine Mühe lohnt sich - das Blatt findet sich am Ende des Blogs in blanko.

Doch Vorsicht: Es geht nicht um klassische Motivation, um aus jedem, den Gallup noch als nicht ausreichend motiviert identifiziert hat, die innerste Leidenschaft herauszukitzeln. Theorien der 70er und 80er Jahre hierzu sind längst als unwirksam enttarnt - mit ihren Anreiz-Möhren, die allerdings immer noch in Form von Boni, Prämien, Top-Mitarbeiter-Auszeichnung oder Auto des Monats vor den Nasen baumeln. Oder neuerdings mit den tiefergehenden Sinnausarbeitungen, die auch die jungen Kollegen bewegen und binden sollen.

Das funktioniert nicht 1 : 1: Arbeitszweck und persönliche Sinnformulierungen sind und werden nicht durchgängig deckungsgleich - doch dazu an anderer Stelle mehr.

Respektvoll sein heißt, die Unterschiede in dem "Eigen-Sinn"des anderen akzeptieren, wie Volker Kitz es in seinem Buch "Feierabend!" beschreibt:

"Da hilft nur Einsicht, Nüchternheit, Bereitschaft zur Veränderung!"

Das macht Respekt!

Schlüssel 2: Freigebig anerkennen

Wenn es ans ausdrückliche Respekt Spenden geht, passiert das ja eher spontan und situativ. Wir zollen unseren Respekt vor allem der überraschend herausragenden Leistung, die eben nicht an der Tagesordnung ist. Und im Alltag brummt so jeder vor sich hin und wirft dem anderen genau das vor, was er gerade selbst anrichtet: Mangelnden Respekt.

Dabei wissen wir, dass eine hochproduktive Zusammenarbeit in anstrengenden Zeiten kaum nach dem Motto laufen kann: Nicht geschimpft ist genug gelobt. Andererseits ist eine inflatorische Lobhudelei genauso wenig glaubwürdig und wirkungsvoll.

Die Wahrheit liegt wieder einmal dazwischen:

  • Augen auf
  • Wahrnehmen: Lernerfolge, qualifiziertes Lob von Chefs und Kunden, gute Arbeit im Detail, Lösungsbeiträge etc.,
  • Sie zeitnah und begründet ansprechen, also eine Menge Feedback geben.
  • Kurz:
Sterne erwischen!

Dazu im nächsten Blog mehr rund ums Schwung geben. Dazu gehört übrigens auch, sich über eigene gute Leistungen zu freuen und sich mal selbst auf die Schulter zu klopfen. Dann hat das wenigstens einer getan!

Und wenn sich respektloses Verhalten eingeschlichen hat? - Führungskräfte sind dafür verantwortlich, so etwas in ihren Teams konsequent und sofort abzustellen. Da hilft nur rigoros einzugreifen und auf die gültigen Werte als verbindliche Standards zu verweisen - ggf. mit den Konsequenzen bei Abweichungen!

Schlüssel 3: Sich austauschen

Respektvoller Austausch fängt mit dem Griff an die eigene Nase an:

"Nehme ich überhaupt wahr, was hier abgeht?" 
"Spreche ich es dann auch an?"
"Führe ich es zu einer akzeptierten Lösung?"

Das Gegenteil kennen wir: z.B. bei engagiert mitarbeitenden Teamleitungen, die die "Mankos" bei ihren Mitarbeitern durchaus sehen, sie aber nicht ansprechen. Wenn wir sie danach fragen, fühlen sie sich auch nicht ertappt, sondern antworten freimütig:

  • "Dazu habe ich keine Zeit!"
  • "Das habe ich am Anfang erklärt, das muss sie jetzt von selbst tun."
  • "Ich muss mich darauf konzentrieren, dass... ."
  • "Das macht der immer so!"
  • "Der lernt das einfach nicht."
  • "Ich bekomme dann dumme Antworten."
  • "Wie oft ich das schon gepredigt habe..."
  • "Ganz ehrlich? - Nach 15 Jahren hier würden Sie das auch nicht mehr ansprechen."
  • ...

Und was sagen Mitarbeiter dazu? - Sie grinsen und meinen:

  • "Klar hat die Chefin das gesehen, der fehlt aber den Mumm, mir das zu sagen."
  • "Solange mir niemand was sagt, gehe ich hier den einfacheren Weg."
  • "Ich mach das immer so, die sagt nie was."
  • "Der meckert immer nur allgemein, da fühle ich mich nicht angesprochen."

So hört sich erlebter Respekt ja wohl kaum an. Und Wege zu guter Qualität sehen auch anders aus.

Respekt zeigt sich im persönlichen Austausch, auch jenseits von Anweisungen, Unterweisungen, Zielvereinbarungen und Feedback. Das sind Gespräche, die das Sachliche aufnehmen und sich inhaltlich bewusst dem Persönlichen nähern nach dem Motto:

  • „Was will ich von Dir, was gebe ich Dir?"
  • "Was ist Dir wichtig? Wo sehe ich da Stärken?"
  • "Was heißt Respekt eigentlich bei uns?"

Die Methode Schwung geben hält hier ein ganzes Repertoire bereit (das kommt Anfang April).

Zur Unterstützung: Hier ist die Maikäfer-Übung eine schöne Möglichkeit, Respekt zu bekunden:

Jedes Teammitglied hat einen Flipchartbogen mit Klebestreifen auf dem Rücken befestigt und einen Filzschreiber in der Hand. Jeder schreibt jetzt jedem Kollegen auf den Bogen, was er in der Zusammenarbeit mit ihm schätzt (was der Betreffende ja - noch - nicht sieht). Das sieht dann wie ein Schwarm Käfer aus.
Wenn jeder jeden bedacht hat, setzen sich alle, mit dem eigenen Bogen vor sich. Jeder liest die Anmerkungen, die ihm zuteil wurden, laut vor und nimmt sie auf diese Weise für sich an. Eine Auswertung kann auf die persönliche Befindlichkeit dabei eingehen.
Das klappt - am besten aufbauend - auch mit dem Satzanfang: An der Zusammenarbeit mit Dir gefällt mir besonders...

Fazit

Deshalb ist Respekt speziell für Mitarbeiter in der Dienstleistung so wichtig:

  1. Im Service wollen wir schöne Momente für Kunden und Gäste kreieren. Das gelingt nur, wenn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihnen respektvoll auf gleicher Augenhöhe begegnen. Und wo könnten sie dieses Verhalten besser erleben und trainieren als im eigenen Team?
  2. Wir wollen Mitarbeiter binden. Und hier ist Respekt im Team und zur Führung immer noch ein höchst wirkungsvolles Mittel (auch für gute Empfehlungen im Arbeitsmarkt, wenn wirklich mal einer weg geht).

Motivationsrad - das Formblatt

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Über die Autorin

Christine Possler
Geschäftsführende Gesellschafterin

Christine Possler ist Diplom-Oecotrophologin, Solution Focused Coach, zertifizierter reteaming®-Coach und als
Beraterin, Trainerin & Coach mit diesen Schwerpunkten aktiv:
* Führungskräfteentwicklung
* Teamwirksamkeit
* Kundenorientierung und Kundenkommunikation…
und damit Kulturentwicklung im Unternehmen

Sie sagt über sich selbst:

Motiviert bin ich, wenn...
ich entdecke, wie Menschen zunehmend an sich glauben und mit Freude zu ihrer persönlichen Bestform gelangen!

cp@MUTmanagement.de