Von Julia Thombansen am 18. Dezember 2020 in Handlung , Handwerk , Haltung

Veränderung tut Not!

Wir sind überzeugt: Das geht in "Flips" – mit kleinen Impulsen in kleinen Schritten mit großer Konsequenz.
Was wir jedoch immer noch sehen: umfassende Transformationsstrategien und langfristige Zeit- und Maßnahmenplänen, die oft genug scheitern.

Das Schlagwort „Change“ beherrscht unser Business bereits jahrelang, mit immer neuen Mammutprojekten samt Zielkatalogen, Meilensteinen, Ist-Analysen, Projekt-Struktur-Plänen inkl. eingebauten Puffern und durchgekauten „Was machen wir, wenn...“-Dossiers. Road-Maps beschreiben die beabsichtigte langwierige Reise. Das ist Change 2.0.*) Hand aufs Herz, hat das bei Euch so richtig geklappt, und das dann auch noch agil? – Sehr häufig eher schlecht als recht – mit üppigen Rechtfertigungen:

  • So schnell wie geplant ging das nicht.
  • Wir hatten zu wenig Manpower.
  • Wir hatten operativ Besseres für unsere Kunden/ für unsere Zahlen zu tun.
  • Im entscheidenden Augenblick fehlte die Unterstützung der Führung.
  • Viele Beteiligte wehrten sich mit reichlich Widerstand.
  • Die rechte Hand wusste nicht, was die linke tat.
  • Bei Vielen fehlte die Einsicht, wie wichtig das ist.
  • Unsere Mitarbeiter waren dazu gar nicht fähig. 
  • Und: Sie ließen sich nicht von uns Profis ermächtigen.
Was für ein Menschenbild zeigt das denn?

Eher ein hierarchisches top-down als eins auf Augenhöhe. Immer waren die Anderen mit ihrem Widerstand und ihrer Inkompetenz schuld. An sie verteilt das Management dann frustrierende Minuspunkte und wundert sich, dass Motivation im Keller ist. Geht das auch anders?

Nun, wir Menschen haben eine grundlegende Fähigkeit: Wir können uns anpassen, wir bewegen uns tagtäglich in bestehenden Systemen, auch in der Organisation unserer Firma. Und wir tun das immer wieder, wenn wir auf neue Situationen treffen. Dann bestellen wir neue Beete.

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Wir verhalten uns intuitiv so, dass wir Erfolg in unserer Umgebung haben. Das System oder der Rahmen, in dem wir leben und arbeiten, bestimmt, was wir wie tun und was nicht.

Wenn Ihr also anderes Verhalten wollt,
dann verändert den Rahmen! 

Geh dem Widerstand auf den Grund!

Lähmender Widerstand ist eine der meist genannten Hürden für Veränderungserfolge. Schauen wir deshalb genauer auf seine Ursachen. Denn dieses Sich-Wehren kann sehr gute Gründe haben, die einer Anpassung an Neues entgegenstehen:

  • Mitarbeiter*innen verstehen nicht, was eine Maßnahme mit dem Veränderungsziel zu tun haben soll. 
  • Das Ansinnen steht einem eigenen Ziel im Weg, z.B. Verantwortung für Teamerfolg der in Aussicht gestellten Prämie.
  • Ihr direkter Vorgesetzter belohnt andere Dinge mit seiner Wertschätzung.
  • Es fehlen einfach Ressourcen wie Zeit, Arbeitshilfen, Material, Kolleg*innen...
  • Die fachliche bzw. methodische Kompetenz reicht nicht, um Neues auszuprobieren und die Angst vor Blamage zu überwinden.
  • Als Boss verliere ich Status und Autorität, wenn ich das nicht mehr entscheiden darf (mein Eckbüro abgeben muss, einen Wagen aus dem Gemeinschafts-Pool fahren soll…).
  • Die Erfahrung fehlt in unserer Abteilung, und da ist niemand, der unterstützt und mich ggf. auffängt.
  • Wenn das schiefläuft, werde ich belacht oder sogar abgestraft…

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Schauen wir genau hin: Keine dieser Beweggründe liegt im mangelnden oder gar bösen Willen. Nichts weist darauf hin, dass der Einzelne wandelunfähig wäre. Alle Ursachen liegen im Rahmen seiner Arbeit, also im System. Da kommt uns die Maxime aus dem Agil-Werden in den Sinn: 

Arbeite am System, nicht im System!

Laboriere also nicht an den Menschen herum mit Motivations-Push's, Anreizen, Zielvorgaben etc..

Gestalte die Bühne so, dass sich hier jede Person aktiv mitspielend einbringen kann.

Pass den Rahmen an! 

Passt der Rahmen, passen wir Menschen uns an. Das gelingt immer dann besonders gut, wenn Veränderung überschaubar geschieht (und damit beherrschbar erscheint) und wenn der alt-gewohnte Weg keine Alternative mehr ist – wenn das bisherige Verhalten also keinen Erfolg mehr verspricht. Deshalb plädieren wir erneut für Babyschritte

  • Mit ihnen entwickelt Ihr Ideen, wie es anders gehen könnte. 
  • Ihr sucht und designt Möglichkeiten und auch technische Hilfsmittel. 
  • Ihr probiert sie gut & gerne aus, wenn Ihr Chancen erkennt, sie für machbar und für beherrschbar haltet. 
  • Ihr erlebt unmittelbar durch Euer Tun, was funktioniert. 
  • Ihr holt zeitnah Feedback der Anwender ein.
  • Ihr selbst beherrscht es mit Eurem Mut und Eurer Kompetenz (die natürlich sicher vorhanden sein müssen). 

Anders herum ausgedrückt: Den klassischen Change-Programmen hin zu fernen Visionen und Nordsternen fehlt diese Überschaubarkeit. Da wisst Ihr ja gar nicht, woran Ihr Euch anpassen sollt und welches Wissen und Können Ihr dafür braucht. Vorsichtshalber spielt Ihr da erst gar nicht mit und denkt lieber en etwas Schönes.

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Die Alternative: Das anschauliche Lösungsbild aus der nicht so fernen Zukunft – ja das hilft schon, das zieht, ohne dass jemand Euch dahin schieben will (blickt zurück in die Blogs mit der Lösungsfokussierung!). Zudem hilft die Vorstellung, wie weit Ihr schon seid. Meist ist der Anfang ja schon geschafft. 

Fazit: In kleinen beherrschbaren Schritten ist es wahrscheinlicher, dass Ihr in Eurer Firma Chancen erkennt, ergreift und Euch Schritt für Schritt an Euer Lösungsbild anpasst. Das sind Eure Flips!

Druck erzeugt Gegendruck! Das floppt!
Zug erschafft Strömung, da flippt es leichter vorwärts!

Agieren im „Hier + Jetzt“ ist die Devise – nicht gedanklich in fernen Sphären. Der Organisationsberater Niels Pfläging vergleicht es mit einem Kaffee, in den Ihr Milch gebt. Das ist ein Flip von „Bisher“ zu „Neu“. Das ist transparent, konsequent und nicht mehr rückgängig zu machen **). Eine solche Intervention verändert das Ergebnis maßgeblich in diesem Moment!

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Papierlos glücklich – ein großer Flip!

Ein Beispiel aus unserer Beraterpraxis: Wir begleiten Dienstleistungsunternehmen in die Digitalisierung – Abläufe und Strukturen sollen produktiver und effizienter werden, neue technische Tools dabei unterstützen. Dazu gehörte bei einem Klienten der Beschluss: 

Wir wollen das papierlose Büro.

Es wurde geplant, überlegt, technische  Voraussetzungen wurden geschaffen. Zwischenfazit: Nach arbeitsreichen Projekt-Meetings schlummerten gut durchdachte Pläne in der Schublade, solange die bisherige Routine (also: der Rahmen) weiter funktionierte. Papier blieb!

Bis zum Flip „Trauerfeier“, bei der alle zusammen ihre Drucker verabschiedeten und sie unwiederbringlich vor die Tür stellten. Ab dem Moment gab es keine Möglichkeit mehr, irgendetwas zu drucken und tataaa – es hat geklappt.

Die Ideen aus der Schublade kamen zum Einsatz. Heute arbeitet das Unternehmen erfolgreich ohne Papier! 

Sicher, ein vergleichsweise großer Flip. Und damit wir uns nicht falsch verstehen: Das ist hier kein Plädoyer für „Friss oder stirb!“, sondern für gemeinsam-konsequentes Vorwärtsgehen „Schritt für Schritt“. Solche Flips können sehr klein sein und sich teilweise im „Weglassen“ von Arbeits- und Prüfschritten oder im Transparent-Machen von Ergebnissen und Prozessen zeigen. 

Arbeite am System!

Der Weg zu einer erfolgreichen Veränderung startet also bei den Rahmenbedingungen, sprich: beim System. Es nimmt dabei die Menschen in ihrem Verhalten mit – in der wiederkehrenden Reihenfolge:

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Jede kleine Veränderung oder Irritation ebnet dabei den Weg für die nächste. Alles, was das System irritiert und damit nach Veränderungen ruft, ist ein Flip, der Umgebung und menschliche Aktivität anstubst. So entwickelt sich Veränderung. 

Nun hängen Menschen auch emotional an ihren Gewohnheiten und vormals gelernten Erfolgsrezepten. Das ruft nach Wertschätzung. Darum braucht manche Veränderung auch eine Würdigung des Bisherigen, also einen bewussten Abschied. Und noch wichtiger: eine solide Beziehung und robustes Vertrauen unter den Beteiligten, denn das ist der Kitt, der uns auch bei Fliehkräften zusammenhält.  

Befürchtet Ihr Chaos? Seht Ihr die Gefahr, dass Eure Firma heute hierhin und morgen dorthin flippt? – Nun, zum einen orientiert Euer attraktives Zukunftsbild. Zum anderen schöpfen gemeinsam vereinbarte Prinzipien zusätzliche Kraft, wenn sie regelmäßig getaktet und mit kräftigen Hebeln auf angestrebte Zukunftsvorstellungen einzahlen – ja, wenn Ihr sie denn anwendet (sie wirken ja erst im Handeln). 

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Einige Beispiele für Prinzipien:

  • Wir kennen den Zweck unserer Arbeit.
  • Wir arbeiten miteinander füreinander in Teams – in unterschiedlichen Rollen.
  • Wir leisten wertschöpfend für unsere externen und internen Kunden und ihre Zufriedenheit.
  • Wir testen Ergebnisse möglichst früh und mit den Kunden.
  • Im Team entscheiden wir möglichst viel selbst. Das verbleibende legen wir den Verantwortlichen mit Beschlussvorlagen vor.
  • Wir schaffen die „Kontrolle der Kontrolle“ ab.
  • Wir bieten Lernchancen für neue Funktionen und Rollen und üben, bis wir etwas können.
  • Wir kommunizieren im Dialog und teilen Ergebnisse und Lösungswege transparent.
  • Wir gehen auf Augenhöhe mit allen Anspruchspartnern um.
  • Wir verwerten Ressourcen sparsam…

Also, was tun?

Viel davon kennen wir schon. Wir wissen und akzeptieren sogar, wie wichtig das ist. Und eine Menge können wir bereits sicher anwenden. Also - das gilt fürs Arbeiten in VUCA-Zeiten:

Lasst es uns tun!

Das ist Change 4.0, wie es auch Olaf Hinz als Alternative beschreibt - mit Nutzen-Orientierung, Ausprobieren, Schleifen Drehen, vielen kleinen Schritten und trotzdem mit System! *)

  • Ändert die Rahmenbedingungen, wenn Ihr etwas anders haben wollt. 
  • Gestaltet sie so, dass es keine Alternative zum neuen Vorgehen gibt: „Stellt die Drucker vor die Tür!“
  • Tut das – getaktet immer wieder aufs Neue – in kleinen Flips, mit Blick auf zugkräftige Lösungen und deren auch emotionalen Nutzen. Jeder Schritt zählt und ändert den Rahmen mehr als Ihr denkt!
  • Zieht das konsequent durch. 
  • Lasst Euren Mitarbeiter*innen Spielraum, wenn sie sich unter neuen Rahmenbedingungen in neue Wege einfinden – aber nicht für das Beibehalten der alten Routinen. 
  • Würdigt den bisherigen Weg: Er war richtig bis heute, und jetzt braucht es eine Veränderung unter neuen Gegebenheiten (ein kleiner Leichenschmaus mindert die Trauer beim Abschied-Nehmen).
  • Macht Euch klar: Der Nutzen für Eure externen Kunden zählt, schrittweise nach innen transportiert mit Vertrauens- und Beziehungsqualität zu externen Partnern und Kollegen*innen.
Bei Veränderung habt Ihr es bei allem, was Ihr macht, mit Menschen zu tun. 
Technik könnt Ihr von einem Tag auf den anderen umprogrammieren oder umschalten. 
Menschen nicht. 

Sie brauchen Vertrauen auf ihrem Weg in neue Umfelder.
Dann flippen sie mit und nicht aus!

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Quellen:
*) Hinz, Olaf: Change Maker: Wirksame Veränderungen unter maximaler Unsicherheit, München 2020 

**) Pfläging, Niels; Hermann, Silke: Zellstrukturdesign, München 2020 
https://www.managerseminare.de/ms_Artikel/Change-per-Flip-Ploetzlich-anders, 280157

Fotos, alle by Unplash: 
Change: ross-findon-mG28olYFgHI-unsplash
Schaufel: anaya-katlego-c23Lv2fzEyo-unsplash
Faust mit Augen: franco-antonio-giovanella-kSfv9njQVc8-unsplash

Strandleben: alexandra-tran-ueZh9QhuBNM-unsplash
Milchkaffee: alberto-bogo-LpLGzfo1JjY-unsplash
Wassertropfen: linus-nylund-Q5QspluNZmM-unsplash
Fäuste – los geht’s: branimir-balogovic-fAiQRv7FgE0-unsplash
Let‘s flip together: - ededu-lauton-TyQ-0lPp6e4-unsplash

Schaubild Arbeiten am System: MUTmanagement GmbH

Über die Autorin

Julia Thombansen
Geschäftsführende Gesellschafterin

Julia Thombansen ist Beraterin von der Ausbildung her M.A. Germanistik/ Unternehmenskommunikation und Trainerin & Coach bei MUTmanagement. Spezialisiert ist sie auf:
* Persönlichkeitsentwicklung, auch als MBTI-Coach
* Meinungsumfragen & Zufriedenheitsstudien
* Begeisterndes und aktivierendes Training zu Haltung und Wirkung
* Impulsgeber als Speaker
* Großgruppenmoderation

Sie sagt über sich selbst:

Ich bin motiviert, wenn...
Serviceteams miteinander passende Lösungen schaffen und damit Gäste und Kunden begeistern!
Das strahlt dann von innen nach außen!

jt@mutmanagement.de